LG Lübeck v. 7.12.2023 - 14 S 19/23

AGB können durch Hinweis auf Internetadresse oder QR-Code wirksam eingebunden sein

Im Jahr 2018 verfügten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bereits 77% der Haushalte über ein Smartphone. Der Durchschnittskunde ist damit ohne weiteres in der Lage, eine auf der Auftragsbestätigung genannte Internetadresse aufzurufen. Zudem vermittelt auch ein QR-Code für den Durchschnittskunden unschwer den Zugang zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), weshalb von einer zumutbaren Möglichkeit der Kenntnisnahme ausgegangen werden kann.

Der Sachverhalt:
Die alleinige Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer eines an einem Unfall am 27.11.2019 beteiligten Fahrzeuges war dem Grunde nach unstreitig. Im vorliegenden Verfahren ging es nur noch um den Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht restliche Sachverständigenkosten i. H.v. 68,28 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 76,44 € geltend zu machen.

In dem Auftragsformular der Sachverständigen hieß es unter „Auftragsbedingungen:“ Die Kosten für das Gutachten werden nach der zum Beauftragungszeitpunkt geltenden Honorartabelle berechnet. Diese konnte man online aufrufen oder jederzeit beim Sachverständigen einsehen. Alternativ konnten die Informationen auch über einen QR-Code aktiviert werden. Die Beklagte hielt die Honorarvereinbarung für nicht hinreichend bestimmt und für intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S.2 BGB. Es habe keine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme der Honorartabelle bestanden.

Das AG hat die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin abgewiesen. Diese war allerdings im Berufungsverfahren nicht mehr streitig und das LG hat der Klage teilweise stattgegeben.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung weiterer Sachverständigenkosten i.H.v. 59,47 €. Nach Auffassung der Kammer sind jedoch nur Nach Auffassung der Kammer sind jedoch nur Fahrkosten für 24 km erstattungsfähig.

Es ist eine konkrete Honorarvereinbarung entsprechend der „Auftragsbedingungen“ der Klägerin getroffen worden. Es handelte sich dabei um AGB i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Tabelle mit den Entgelten für Schadengutachten ist nach Auffassung der Kammer auch gem. § 305 Abs. 2 BGB Bestandteil des Vertrags geworden. Dies ist der Fall, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich auf sie hinweist und der anderen Partei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarere Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen und die andere Partei mit ihrer Geltung einverstanden ist. Maßstab im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der „zumutbaren Möglichkeit der Kenntnisnahme“ ist der Durchschnittskunde.

Die Kammer ist davon ausgegangen, dass vorliegend eine derartige zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme der Honorartabelle bestanden hatte. Die Auftragserteilung beinhaltet unter „Auftragsbedingungen“ einen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass sich die Kosten des Gutachtens nach der zum Beauftragungszeitpunkt geltenden Honorartabelle der Klägerin berechnen. Dies folgte allerdings nicht aus dem Umstand, dass der Gutachtenauftrag darauf hingewiesen hat, dass die Honorartabelle jederzeit beim Sachverständigen einzusehen ist. Denn insbesondere in Konstellationen fernmündlicher Auftragserteilung ist es dem Kunden nicht zuzumuten, zur Einsichtnahme in die Honorartabelle zunächst zum Gutachter zu fahren.

Es folgte aber aus dem Umstand, dass in der Auftragserteilung direkt auf die Internetseite hingewiesen wird, auf der die Honorartabelle abgelegt ist. Zudem befindet sich ein zur Honorartabelle führender QR-Code auf dem Formular. Dies genügte zur Überzeugung der Kammer, damit der allein maßgebliche Durchschnittskunde zumutbar Kenntnis erlangen kann. Der Durchschnittskunde in Deutschland verfügt nämlich über ein Mobiltelefon mit Internetzugang. Im Jahr 2018 verfügten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bereits 77% der Haushalte über ein Smartphone. Der Durchschnittskunde ist damit ohne weiteres in der Lage, eine auf der Auftragsbestätigung genannte Internetadresse aufzurufen. Zudem vermittelt auch der QR-Code für den Durchschnittskunden unschwer den Zugang zu der Tabelle, weshalb eine zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme nach Auffassung der Kammer vorlag.

Ob die Geschädigte hier tatsächlich Kenntnis genommen hatte, war im Übrigen unerheblich. Denn auf eine tatsächliche Kenntnisnahme kam es nicht an. Die vorliegende Honorarvereinbarung war auch hinreichend bestimmt und entgegen der Ansicht der Beklagten nicht intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S.2 BGB. Ein Anspruch auf Ersatz auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stand der Klägerin hingegen nicht zu. Dieser ergab sich weder aus §§ 280 Abs. 1;2, 286 BGB noch aus §§ 7,18 StVG, 398 BGB oder §§ 823, 398 BGB. Sämtliche Ansprüche scheiterten daran, dass die Klägerin für ihre Behauptung, dass der Rechtsanwalt zunächst lediglich mit der außergerichtlichen Vertretung beauftragt worden war, weder substantiiert vorgetragen hat noch Beweis angeboten hat.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Mit AGB gegen Hass im Netz: Kann man Online-Plattformen zwingen, ihre Community Standards durchzusetzen?
Daniel Holznagel, CR 2023, 539

Alles auch nachzulesen im Beratermodul IT-Recht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das IT-Recht (DSGVO/BDSG). Stets auf dem aktuellsten Stand mit den Inhalten aller Ausgaben von Computer und Recht und IT-Rechtsberater sowie den Updates von Redeker, Handbuch der IT-Verträge. Ihr Vorteil: Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.02.2024 10:03
Quelle: Landesregierung Schleswig-Holstein

zurück zur vorherigen Seite